"Wir wollen, dass Bayern so bleibt, wie es ist – nur ein bisschen besser wird", schreibt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf Instagram. Nur ein bisschen also, weil angeblich wenig zum Optimum fehlt. "93 Prozent der Bayern leben gerne in Bayern", lautet denn auch das Ergebnis einer Umfrage, die Söder besonders gerne zitiert. In Berlin etwa gilt das nur für 66 Prozent. "In Bayern lebt es sich einfach besser", schlussfolgert der CSU-Chef daraus und hat diese Erkenntnis gleich zum Titel seines Wahlprogramms gemacht. Doch stimmt das auch? Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass Bayern auch in ein paar Bereichen führend ist, auf die die Landesregierung weniger gerne verweist.
"Bayern ist fast überall die Nummer eins – auch bei der Armutsfrage!", tönte Markus Söder auf dem letzten Parteitag der CSU. Mit Blick auf die Armutsgefährdungsquote hat Söder dabei recht. Diese lag in Bayern 2022 bei 12,7 Prozent, im Bundesschnitt dagegen bei 17 Prozent. Doch Bayern hält in dieser Hinsicht eben auch einen Negativrekord: In keinem anderen Bundesland sind laut den statistischen Ämtern der Länder und des Bundes Frauen im Alter so sehr von Armut bedroht wie in Bayern. 24,5 Prozent waren es im Jahr 2022 (Landesmedian). Schuld daran sind laut Expertinnen unter anderem traditionelle Familienverhältnisse.
24,5 Prozent beträgt die Armutsquote bei Frauen im Alter (Landesmedian).
Aber in Bayern verdient man doch am besten! Fast. Mit einem Bruttoeinkommen von durchschnittlich 3.597 Euro pro Haushalt liegt Bayern knapp hinter Baden-Württemberg (Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018). Allerdings sind auch die Nettokaltmieten in Bayern im Bundesländervergleich seit Jahren am zweithöchsten, teurer wohnt man nur in Hamburg. Hinzu kommen hohe Lebenshaltungskosten, wie eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung (PDF) belegt. Das liegt teilweise auch daran, dass in den ländlichen Gegenden häufig weite Wege anfallen, die entsprechende Fahrtkosten verursachen.
Hinzu kommt: Bayern ist nicht gleich Bayern. In den Randlagen zu Tschechien liegen die Haushaltseinkommen einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern zufolge teilweise eklatant niedriger als in München und Umgebung. Der DGB spricht von einer zunehmenden räumlichen Ungerechtigkeit.
Viele
dieser Randlagen verfügen zudem über einen unzureichenden öffentlichen Nahverkehr:
Noch schlechter angebunden als die Bayerinnen und Bayern sind laut dem
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung nur die Menschen in
Mecklenburg-Vorpommern.
Dass
der Ausbau der Windkraft in Bayern schwächelt, ist ein offenes
Geheimnis: Im Bundesländervergleich steht Bayern laut dem Bundesverband
Windenergie (PDF) an achter Stelle beim Bestand, an zehnter Stelle beim Zubau und an zwölfter Stelle bei der Genehmigung neuer Windkraftanlagen. Das bayerische
Wirtschaftsministerium verweist zu seiner Verteidigung auf die "geografischen
und topografischen Bedingungen", die nun mal nicht optimal für
Windenergie seien. Nach Ansicht des Bundesverbands Windenergie sind die
niedrigen Zahlen aber auch selbst verschuldet. So hatte Bayern 2014 die
sogenannte 10-H-Regelung eingeführt, die besagt, dass beim Bau von
Windkraftanlagen der Abstand zu Wohngebäuden mindestens das Zehnfache der Höhe
des Windrads betragen muss. Erst vergangenes Jahr wurde diese Regelung wieder
gelockert.
92 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen weist der bayerische Klimaschutzbericht für 2021 aus.
Es gab zwar eine Zeit, in der Markus Söder gerne Bäume umarmte und sich als oberster Bienenschützer im Land präsentierte, beim Klimaschutz kommt Bayern trotzdem nicht recht voran, wie der im Juli vorgelegte Klimaschutzbericht der Landesregierung (PDF) belegt. Von 2019 auf 2020 gab es zwar einen deutlichen Rückgang der Emissionen auf 91 Millionen Tonnen – das lag aber wohl hauptsächlich an der Corona-Pandemie. Für 2021 weist der Bericht wieder einen CO2-Ausstoß von 92 Millionen Tonnen aus – ein Anstieg deutlich über dem bundesweiten Schnitt.
Author: Julian Smith
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